Die Musikwerkstatt von Familie Fedynskyj in Krjatschkiwka

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Jurko Fedynskyj ist ein Phänomen, über ihn dreht man gerne Videos im Stil von „Amerikanern, die in die Ukraine ziehen“. Eigentlich ist er überhaupt kein Amerikaner, und er wanderte nirgendwo raus, sondern kehrte einfach hierher zurück, da hatten seine Vorfahren einst gelebt.

Jurko kam in die Ukraine mit einem großen Wunsch, hier zu bleiben, den intellektuellen und kulturellen Reichtum dieses Landes zu verstehen und seinen Beitrag dazu zu leisten. Diese Geschichte erzählt davon, wie erfolgreich dieses Verlangen von ihm ist.

Manchmal, um die Traditionen und die Kultur der eigenen Gegend von Innen zu sehen, muss man einen ganz frischen Außenblick haben. In Krjatschkiwka in der Poltawa Oblast wurde Jurko Fedynskyj zu solch einer Person.

Jurko wurde in den USA geboren, seine Kindheit verbrachte er auch dort. Noch als Kind fand er in der Familienphotothek eine Aufzeichnung einer Banduristen-Kapelle. Die Melodien und die Stimme, die er hörte, hatten ihn tief beeindruckt. Seitdem interessierte er sich für die Kobsar-Kunst, die ukrainische Musik und die ukrainischen Musikinstrumente. Seine erste Musikausbildung absolvierte Jurko in Detroit, dann wanderte er durch die USA mit Konzerten der ukrainischen Musik. Seine zweite Ausbildung bekam er schon in der Ukraine.

„Sobald es mir klar wurde, dass es ukrainische Musikinstrumente gibt, diese Instrumente hatten sich da entwickelt, wollte ich lernen, eines davon zu spielen. Dann ergab sich solch eine Gelegenheit. Ich kann mich gut an den Tag erinnern, als ich zum ersten Mal eine Badura in meinen Händen hielt. Das war eine Tschernihiwer Bandura, um 50 Rubel gekauft. Und ich konnte es mir leisten, die zu kaufen. Ich war sehr begeistert. Ich wollte schon meine Ringen-Trainings nicht fortsetzen. Ich wollte nach Hause schnell gehen und meine Bandura tasten. Erst dann verstand ich, dass mein Instrument nicht von der besten Qualität gewesen war. Das war billig, und gut so, dass es solche Instrumente gibt, sonst würde ich die Bandura nie spielen. Nun habe ein eine große Ehre, mit meinen eigenen Händen wirklich sehr gute Instrumente zu machen. Derweil ist es mir peinlich, dass die allgemeine Qualität der ukrainischen Instrumente so niedrig ist. Aber das Problem ist, die sind fast kaum erhalten, die Sowjeten haben die vernichtet. Es würde denen sicher nicht gefallen, dass wir heute darüber reden. Aber der Schaden ist schon groß: Es gibt weder Instrumente, noch Information darüber, wie man diese eigentlich macht.“

ein Kobsar
Ein Volksmusiker, der wanderte durch das Land mit seinen Lieder (Duma) und spielte meistens Bandura, Lyra, Kobsa (Lauteninstrumente in der Ukraine), verbreitete Nachrichten. Man kann sagen, dass die Kobsar-Gemeinschaft ein Sozialnetzwerk darstellte.

Vor Krjatschkiwka wohnte Jurko in Lwiw und Kyjiw. Dann traf er Marija, eine Musikerin aus Poltawa und heiratete sie, dann wurde es entschieden, wohin es weiter von der Stadt weg ginge. Die Familie wollte ein eigenes Haus bauen, ein eigenes Obst- und Gemüsegarten haben, neue Freunde finden und gemeinsam was schaffen. Für Jurko wären die Leute sehr wichtig. Auf der Suche nach dem neuen Zuhause, wählte er weder die fruchtbare Erde, noch die malerischen Gegende, sondern vor allem die guten Leute mit ähnlichen Werten aus.

„Und wir wählten dann zwischen der Familie Tafijtschuk in den Karpaten und der Band ‚Drewo‘ in Krjatschkiwka. Und wir haben es so entschieden: zuerst in Krjatschkiwka zu wohnen und dann zu der Familie Trafijtschuk zu fahren. Aber hier wurden wir schon zum Teil der Band ‚Drewo‘. Die wollten, dass ich zum Producer von ihnen wurde, und ich sagte endlich zu. Aber ich kann immer noch nicht die finanziellen Fragen lösen. Das ist nicht ganz meines.“

Aber weiter zum Dorf Werchnij Bukowez zu fahren, wo die berühmte Familien-Band Tafijtschuk wohnt, wollten Jurko und seine Frau nicht mehr.

„Es ist nicht so einfach. Wir investierten schon so viel hier. Sieben Jahre lang sind wir in Krjatschkiwka. Hier haben wir so ein Eckchen, hierher können wir immer zurückkehren, wenn wir doch umziehen würden. Wer weiß, wie es weiter in der Zukunft geht. Herr Mychajlo Tafijtschuk lebt und ich würde gerne mit ihm Musik und Musikinstrumente machen. Aber mal schauen. Die Leute kommen regelmäßig hierher und die wollen, dass ich denen es beibringe, die Musikinstrumente zu machen. Alles hier zu verlassen — das wäre schon ein seriöser Schritt. Wir bauen hier Häuser und Werkstätte, alles schon ganz ernsthaft, nicht so wie einst: die Instrumente wurden in einem Schuppen produziert.“

Der Vater von Jurko ist teilweise ein Ire, teilweise ein Deutsche, und die Mutter hat ukrainische Wurzeln. Und die Familie hat eine längere Geschichte in den USA:

„Ich weiß, dass es einen Jurko Fedynskyj aus den Karpaten und vielleicht sogar aus dem Dorf Jabluniw gab. Es gab Urgroßväter aus Kyjiw. Und die Familie der Urgroßmutter kommt aus der Poltawa Oblast. Und ich kam hierher, denn ich weiß, dass von hier meine Familie kommt, dass hier mein Land ist. Ich bin eigentlich kein Gast da. Wer weiß, vielleicht kommt meine Familie aus Krjatschkiwka.“

„Man kann sagen, dass ich nach Hause nach 250 Jahren der Vernichtung von Sitsch zurückgekommen bin.“

Die Ankömlinge

Die Krjatschkiwka-Einwohner haben sich an die neuen Menschen in ihrem Dorf noch nicht gewöhnt. Die Familie Fedynskyj werden immer noch Ankömmlinge genannt, obwohl diese schon seit bereits 10 Jahren hier wohnen. Am meisten wundern sich die Einheimischen, wenn jemand nicht nach deren Regeln wohnt.

Zum Beispiel, erst hier erfuhr Jurko etwas von Gärtnerei, er nahm zum ersten mal eine Schaufel und einen Hammer in die Hand. Für die Einheimischen ist es zumindest ganz seltsam. Die Nachbarn konnten es auch kaum verstehen, wieso Jurko das Haus nicht so, wie alle, baut, sondern Naturbaustoffe dafür nimmt. Die sagten, das Haus würde so nicht lange stehen. Nun ist es seltsam, wieso der „Amerikaner“ keine Kartoffeln in so einer Menge anbaut, und wieso Maria sich um den Obstgarten kümmert. Der Unterschied bei den ganz einfachen Sachen kann doch so groß sein.

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Jurko sieht so aus, als ob er von einem Film anfang des 20. Jahrhunderts kommt. Er spricht hervorragend Ukrainisch, sein bunter amerikanischer Akzent verschwand mit 16 Jahren des Lebens in der Ukraine aber nicht. Er spricht mit uns und lächelt so herzlich. Sogar wenn er über seine Probleme spricht und darüber, welche Schäden die Sowjetmacht in der Ukraine angerichtet hatte.

Überall im Haus, dieses wurde von einem alten Haus von Jurko umgebaut und in eine moderne Wohnfläche in einem traditionellen Stil umgewandelt, hängen Kärtchen mit englischen Wörtern. So bringen Jurko und Maria ihren drei Kindern die englische Sprache bei. Maria erzählt über ihre Hauslehre:

„Bei uns hier im Sommer ist es so, wie in einem Kindergarten. Alle Kinder von der Nachbarschaft sind hier bei uns. Die wohnen nicht hier, sondern in der Stadt, und kommen hierher im Sommer. Es ist schon kompliziert, hier permanent zu wohnen, wir kämpfen jetzt um die Dorfschule. Aber das Schulausbildungssystem selbst in Dörfern ist nicht effizient. Wir wollen eigentlich eine eigene Schule machen, aber ich glaube nicht, dass die Dorfbewohner, die hier ihre Kinder haben, uns dabei unterstützen würden.“

Maria ist von der Stadt ins Dorf umgezogen und ist damit zufrieden. Die hat ernst vor, das Dorf zu reformieren und wurde sogar zur Abgeordneten des Dorfrates gewählt. Sie möchte gerne eigene Ideen und Träume da trotz Schwierigkeiten der Bürokratie verwirklichen.

Jurko erzählt, er unterrichtete die englische Sprache für die Nachbarkinder kostenlos. Es gab schon einige Lehrlinge, aber dann wollten die Eltern nicht mehr mitmachen.

„Ich habe vorgeschlagen, zwei Mal pro Woche einen Unterricht der englischen Sprache für alle zu starten. Aber niemand kommt, niemand braucht das. Die können das kaum verstehen: Ich bin hierher gekommen und dazu noch möchte ich denen noch was beibringen. Die sollen mir was beibringen. Ich lerne immer etwas, und es gibt leider keinen gegenseitigen Austausch.“

Es gibt eine Schule in Krjatschkiwka. Sie befindet sich in einem alten Herrenhaus. Im Kindergarten hier gibt es mehr als 20 Kinder, die in Zukunft zur Schule müssen. Aber es ist geplant, die Schule hier zuzumachen, um die Kosten des Lokalbudgets zu sparen. Die Leute bringen ihre Kinder zur Schule wegen der Schlussgefahr nicht mehr. Die glauben, nur eine Schule mit mehreren Kindern, wo es mehr Kinder in einer Klasse gibt, eine bessere Ausbildung geben kann, deswegen gehen ihre Kinder zur Schule im Nachbardorf. Die Fedynskyj Familie sind nicht der Meinung und sehen keine Gründe, die Schule im Dorf zu schließen. Die versuchten, alle zu überzeugen, dass die Schule doch bleiben muss. Die haben schon vier Kinder und ihr Sohn Myroslaw ist Schulanfänger. Jurko erzählt:

„Wir sagen, es ist absurd, es ist falsch und manipuliert, dass Myroslaw in der Schule doch bleiben würde, und die antworteten dann, dass er so eine Stunde pro Tag Unterricht haben wird. Gut so, Myroslaw wird auf solche Weise die Schule eigentlich retten.“

So funktioniert die Schule in Krjatschkiwka immer noch, denn laut dem Gesetz muss die Schule funktionieren, bis alle Eltern die Unterlagen ihrer Kinder abholen würden:

„Die Eltern würden die Unterlagen nicht abholen, wenn der Lehrer die dazu nicht zwingen würde. Hier ist es so passiert. Wir gingen zu einer Lehrerin und fragten nach, wieso denn sie sowas mache, warum müssen die Eltern die Unterlagen abholen. Selbstverständlich gab es keine Antwort.“

Jurko ist sicher, es gibt doch auf jeden Fall eine Lösung:

„Nächstes Jahr werden mehr Kinder die Schule besuchen, unsere Mädchen müssen bald zur Schule. Vielleicht wird noch jemand von den Eltern ihre Kinder in der Schule lassen. Zuerst wollten wir überhaupt eine Hausausbildung für Myrossyk. Aber wenn er noch eine Stunde zusätzlich in der Schule bekommt — dies ist hervorragend. Aber wenn die Schule doch geschlossen wird, werden die zu Hause von uns alles lernen.“

Kobsar-Kunst-Museum

Ein neues Projekt von Jurko ist ein Kobsar-Kunst-Museum. Er plant, die Musikstücke und Instrumente von der Familien-Kollektion zu sammeln und auf die Kosten der ukrainischen Diaspora ein modernes Museum im Dorf zu machen, das von Touristen besucht würde:

„Einige Monate vor seinem Tod sagte mir mein Onkel, der in Emigration lebte, dass ich ein Museum bauen soll. Und ich mache das. Ich habe ein riesiges Problem mit Finanzierung. Die Verwandten sagen, wozu denn ein Museum in Krjatschkiwka, Putin wird da alles wegnehmen. Wir werden nichts wegnehmen lassen.“

Aber wenn es sogar überhaupt kein Geld von Sponsoren kommen würde, hat sich Jurko schon entschieden, ein Museum zu bauen, wenn auch ein ganz kleines. Die Rekonstruktionen der uralten ukrainischen Musikinstrumente, die es in seiner Werkstatt gemacht hat, werden zu den neuen Exponaten. Jurko meint, man braucht so ein Museum hier in der Poltawa Oblast:

„Ich bin davon überzeugt, dass Poltawa Oblast ein Herz der Kobsar-Kunst ist. Man sagt, die fing genau hier an, in der Stadt Sinkiw, bei Poltawa. Aber es gibt leider kein Museum der Kobsar-Kunst hier in Poltawa Oblast. Also muss jemand damit anfangen. Und ich bin bereit, dabei zu dienen, womit ich kann. Früher hatte die Kobsar-Kunst eine ganz andere Form gehabt: Es gab Kobsar-Kosaken oder so was. Aber wir wissen zu wenig davon.“

Ein Kobsar-Festival

Einmal pro Jahr führen Jurko und Maria ein kleines Festival „Drewo Rodu Kobsarskoho“ („Der Baum der Kobsar-Familie“) durch:

„Alles startete wie ein Camp für meine Lehrlinge und für das Schaffen einer Kobsar-Werkstatt. Denn es gibt doch viele Werkstätte: in Charkiw, in Lwiw, in Kyjiw. Wir hatten so einige Wochen, um zu lernen und zu üben, um institutionell besser zu werden. Aber die anderen Werkstätten hatten kein Interesse für unsere Aktion, denn die machen was eigenes. Unser Camp machten wir 6 Jahre lang und wir waren schon bereit, uns als Künstler zu präsentieren. Es gab Aktivisten, ich habe denen angeboten, ein Festival ohne Geld zu organisieren. Die Antwort war, dass so was unmöglich wäre, man braucht eine Zulassung, das heißt, man muss jemanden bestechen. Und ich möchte alles nach den Regeln machen. Und wo machen wir das? Vielleicht hier in Krjatschkiwka? Und wir machten alles mit Minimaleinsatz, wir bereiteten uns schon auf Camp vor und wir hatten alles im Voraus gehabt. Dies ist kein Kunstfestival, sondern ein richtiger Arbeitsplatz. Wir haben hier mit Musik und mit Schaffen von Musikinstrumenten zu tun. Wir hatten mehrere Festivals, und dies war mein bester Traum. Das Festival heißt ‚Der Baum der Kobsar-Familie‘. Die Kobsar-Tradition hat einen eigenen Familienstammbaum, dessen Wurzeln traditionell die Kobsar-Kunst ist. Wir sind die gegenwärtigen Zweige dieses Baumes, einige sind Blätter, mit denen gerade alles beginnt. Es ist kein kommerzielles Festival, es ist nicht für das Massenpublikum. Natürlich warten wir nur darauf, dass die Leute kommen. Aber die meisten von ihnen verstehen dieses Programm nicht. Sie brauchen einen Wodka, sie brauchen eine Trommel. Und was macht Spaß ohne das? Es muss auch etwas zum Verkaufen sein. Aber es gibt Leute in der Stadt, die zu uns kommen mögen, Menschen aus dem Ausland, die daran interessiert sind und ukrainische Kultur kennen lernen möchten. Sie kommen. Aber ich möchte, dass auch meine Nachbarn kommen.“

Lehre und Werkstatt

Jurko hat mit Instrumenten-Produktion einfach deswegen angefangen, weil es keine Kobsa hatte. Und er konnte sich so einen Kauf nicht mal leisten, nun kann er bereits eine Kobsa, eine Bandura, einen Torban, eine Lyra, eine Husli (die ukrainischen Lauten-Volksmusikinstrumente) machen:

„Damals hatte ich nur eine Möglichkeit, mein eigenes Instrument zu machen, ich hatte ein Holz. Ich hatte kein Instrument, dann begann ich die ersten Kobsas zu machen. Ich mochte den Produktionsprozess. Als Kind liebte ich Lego. Und es ist wie ein Spielzeug für Erwachsene. Du tust, was du willst. Ich habe schon nicht nur Banduras und Kobsas gemacht, ich mache schon die kompliziertesten ukrainischen Instrumente. Eines der schwierigsten davon ist der Torban. Und ich spiele einen Torban schon. Und ich möchte gerne weiter machen. Das kann ein guter und profitabler Beruf sein, aber ich verdiene damit überhaupt nichts. Aber ich möchte noch bessere Instrumente machen. Die Bandura, die ich jetzt mache, muss noch besser sein, als die vorherigen. Es ist speziell im Klang, in der Form, sogar im Ornament. Die vorherigen Banduras sind viel schwieriger, sie haben Metallsaiten, und meine wird mit Nylonsaiten sein. Hier ist ein sehr dünnes Deck. Ein sehr resonantes Instrument. Der größte Teil der Banduras wird aus Weiden gemacht, und diese ist aus Ahorn. Bei dieser Bandura kann man den Hals komprimieren, nicht nur wie auf der Harfe spielen. Die Instrumente sollten traditionell sein, aber wir haben so wenig von traditionellen Instrumenten übrig, ich glaube, dass die Instrumente noch besser gemacht werden können.“

Jurko erzählt so begeistert und liebevoll über seine Instrumente:

„Zum Beispiel, bei der Konstruktion meiner Bandura gibt es viel von der Laute. Die Meister haben noch viele Informationen darüber, wie man ein gutes Resonanzinstrument macht. Ich lerne von ihnen, hier haben wir nicht 5 Bass, sondern 10, eigentlich sind sie doppelt. Bei der traditionellen ukrainischen Bandura tritt solche Duplizierung auch auf, nur ganz selten. Wegen dieser Bässe wird es mehr Klang geben. Für mich ist es ein Moment einer bestimmten Entwicklung. Wir haben bereits beispielhafte Kobsar-Banduras gemacht. Jetzt machen wir eine kreative Rekonstruktion. Dies sollte das Musikinstrument selbst sein und nicht das, was an der Wand hängt. Die alten Kobsaren hatten schlechte Instrumente, die schlecht klangen, schwer zu spielen waren. Das liegt daran, dass die Kobsaren im Land eher schlecht gelebt haben. Im zaristischen Russland war der Zar den Kobsaren feindlich gesinnt. Daher war das Niveau der Fähigkeiten sehr niedrig, wenn man nach jenen übrig gebliebenen Instrumenten beurteilt. Und es gibt ganz wenig davon erhalten. Gab es damals so wundervolle Bandura-Beispiele? Wahrscheinlich schon.“

„Hetman Masepa spielte nicht mal auf Brennholz. Sein Instrument war aus Palisander. Wo hat er denn einen Palisander gefunden? Vielleicht in Asien…

Vielleicht gab es sogar die Werkstätte in Baturyn oder Hluchiw. Wir produzieren ganz viele Dinge in der Ukraine, die ganz billig sind, leider. Die Ukrainer sind schlau, sie sagen: ‚Kaufe nichts in China!‘. Aber dann machen wir leider noch etwas von schlechter Qualität und noch teurer dazu. Und wie können wir Brennholz für ein Konzert nehmen? Wenn unsere Vorfahren auf so was spielten, na was dann, werden wir es auch so tun? Also haben sie nicht auf das Aussehen der Instrumente geachtet, es war dann zweitrangig. Aber nicht für mich.“

Mein erstes Instrument ist Klavier. Das gab es in unserem Haus. Ich war sechs Jahre alt. Die erste Bandura bekam ich mit 16. Dann haben meine Tante und mein Onkel mir gesagt, ich soll von Julian Kitazoy lernen, dass es vielleicht interessant wäre. Das hätte ich sehr gern. Ich liebte es, meine Zeit bei der Diaspora zu verbringen, weil wir nicht in der Diaspora lebten, wir lebten unter den Amerikanern. Und der Geist, der da war: die Banduristen-Kapelle, die Musik und die sozialen Beziehungen, das alles war sehr interessant. Und ich lernte so 10 Jahre lang. Dann war es Zeit, in der Kobsar-Kunst nach etwas Neuem zu suchen, und ich kam in die Ukraine. Und ich fand da was. Zuerst studierte ich am Konservatorium. Aber nach dem Konservatorium wurde mir klar, dass ich mehr an der Bandura-Tradition interessiert war. Da es am Konservatorium sowjetische Traditionen gibt, aber das sind keine kobsarischen Traditionen. Es gab auch Lehrer, die sich gar nicht für Kobsar-Traditionen interessierten. Ich entschied, mich von solchen Leuten fern zu halten. Und diese Entscheidung war richtig. Am Konservatorium erfuhr ich von der Existenz der Kyjiwer Kobsar-Werkstatt. Das war ein äußerst interessanter Kreis. Ich lebte mit ihnen 10 Jahre lang in Kyjiw, und ich arbeitete dort. Bis zu dem Moment, als es Zeit war, mich von ihnen zu verabschieden, um meine eigene Kobsar-Ecke zu erschaffen, wo die Kobsar-Kunst auf meine eigene Art existieren wird, so wie ich es verstehe. Ich bin unabhängig, ich unterrichte, wie ich unterrichten möchte. Weil ich tue, wie ich glaube, und nicht so, wie die anderen.

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Wie in allen Fällen von Ukrainern, gibt es in der Kobsar-Kunst eine ganze Reihe von Vorurteilen. Aber der Aberglaube ist hier immer ein Teil der Tradition. Sie sagen zum Beispiel, dass eine Frau das Instrument weder machen noch berühren kann. Man muss nicht nur einen Namen schreiben, sondern auch ein Gebet auf der Bandura. Zu dem Gebet, denke ich, hilft es trotzdem, wenn alles echt ist. Es gibt so einen Film „Powodyr“. („The Giude“ (2014) ein ukrainischer Drama-Film über den sowjetischen roten Terror gegen Kobsaren in den 30er Jahren).

Es gibt so einen Moment, wo sie ausdrücklich sagen: „Ja, ohne Klammern gibt es keine Stimme, keine Seele der Bandura. Deshalb sagen sie, ein Instrument ohne Klammer ist schon keine Kobsa, keine Bandura.“ Ich verstehe, dass der Direktor unsere Werkstätte in Acht genommen hat, weil wir Klammern auf unsere Instrumente nicht setzen. Das ist für mich ein Mythos, ein Aberglaube. Aber viele Meister von Bandura, Kobsa und Lyra haben keine Beispiele zu folgen. Und bei Geigenmeistern gibt es eine ganze Reihe von so was.

Die Klammer
Ein kleiner Holyteil, der Deck und Fall der Bandura verbindet.

Viele Dinge von Geigenmeistern werden auf Bandura übertragen. Zum Beispiel, eine Klammer. Aber das ist nicht unbedingt so. Oft folgen die Meister dem Mythos, anstatt ein gutes Instrument zu machen. Beherrschen ist ein sozialer Prozess und die meisten sind keine professionellen Handwerker, sondern Amateure. Aber das alles geschieht mit Liebe und es ist großartig. Und so gibt es in unserer Gemeinschaft der Meister einen großen Erfolg. Weil es auch diejenigen gibt, die nicht nur lieben, sondern auch professionelle Handwerker werden wollen, um das beste Instrument zu produzieren. Und das ist in Ordnung so.
Eine Bandura kann schnell und ganz lange gemacht werden. Ich kann 2 Wochen lang eine Kobsa machen, wie ich es bisher getan habe. Mehr werde ich nicht tun, weil es ein kompromittiertes Instrument ist. Aber es gibt auch das Verlangen nach billigen Instrumenten, die jeder sich leisten könnte. Es gibt schon genug Meister, die das tun. Ich möchte die besten Instrumente ohne Kompromisse pünktlich machen. Manchmal dauert es zu lange. Aber ich habe keine Eile, ich arbeite nicht an einer Bestellung, niemand zwingt mich dazu. Ich mache die Instrumente, auf denen ich spielen würde, und dass ich mich dabei nicht schäme. Schließlich müssen die Instrumente klingen. Dies ist nicht für eine Wand oder ein Museum bestimmt. Ja, sie werden eine Weile in dem neuen Museum sein. Und das ist in Ordnung, weil ich sehen werde, dass das Instrument stabil ist, dass es sich nicht bewegt, nicht dreht, nicht zerstört wird. Aber am Ende muss darauf jemand spielen, damit sie lange für jemanden dienen.

Ich habe alle möglichen Zeichnungen für Kobsa, Bandura, Torban. Wir machen die öfter. Das sind präzise Zeichnungen, damit wir die kleinsten Details kennen. Ich habe bereits 20 Instrumente produziert. Es ist schwer, genau zu sagen, wie viel Zeit für ein einzelnes Instrument benötigt wird, weil ich normalerweise einige gleichzeitig mache. Jetzt mache ich gleichzeitig eine Kobsa und einen Torban. Es ist ein bisschen schwer, aber ich habe jeden Tag eine Auswahl. Dies ist auch für meine Inspiration wichtig.

Materialismus

„Das Geld generiert Probleme, löst diese aber nicht. Selbstverständlich fehlen mir gewisse materielle Sachen, die ich in Amerika gehabt habe. Zum Beispiel, ein Auto. Aber alles ist bedingt. Es gibt Tage, wo du glücklich bist, weil du fahren kannst, und es gibt Tage, wo du unglücklich bist, denn das Auto ist kaputt und du kannst nicht fahren. Deswegen glaube ich nicht, dass man durch die materiellen Sachen seinen Glück finden kann. Die Philosophen sagen, dass wir alles eigentlich haben. Vielleicht möchtest du gerne irgendwohin gehen, aber du brauchst einfach nicht, dorthin zu gehen. Du musst zu Hause bleiben und arbeiten. Und da findest du deinen kompletten Glück. Vielleicht ist mein Beispiel für jemanden gut. Ich möchte damit zeigen, dass man so, wie die Ukrainer leben, auch gut leben kann. Und dann brauchst du das Geld nicht. In Amerika ist es ohne Geld sehr schwer. Man kann im Ausland wohnen und hierher das Geld schicken, aber das ist kaum die beste Lösung. Wenn ihr wirklich Ukraïner seid, wenn ihr wirklich Leader seid, so Repräsentanten der Intelligenz, viele davon sind ins Ausland umgezogen, dann müsst ihr hier sein, um wirklich zu helfen, und nicht bloß so Geld überweisen.“

Es gibt bereits Anhänger von Jurko Fedynskyj, die in die Ukraine ziehen:

„Unter Amerikanern kenne ich: Ron Pastelan zog in die Ternopil Oblast, Lida Matijasik-Tschorna — nach Kyjiw. In anderen Ländern gibt es auch eine Diaspora. Ich kenne Leute aus Polen, die hierher gezogen sind, oft kommt eine Frau aus Frankreich. Ein Typ aus Australien kam hierher, um Bandura zu machen. Und er will auch nach Krjatschkiwka ziehen. Er sagt, er wird mit der Universität fertig sein und kommen.“

Jurko lud uns in sein neues Dorfhaus ein, das von ihm von Null gebaut worden ist. Im Haus gibt es nun sein neues Studio, wo Dutzende von Musikinstrumente aufbewahrt werden.

„Das Haus ist super-warm, da das kleine Ofen alles beheizt. Meine Schüler leben auch da. Wir haben es als Studio gemacht, um einen CD für ‚Drewo‘ zu brennen. Ich habe Ausrüstung für die Arbeit mit anderen Bands: Choreja Kosazka, Karpatjany. Wir machen Qualitätsaufzeichnungen. Ich nenne diesen Ort ein Kirchenhaus, aber es ist auch das erste Museumsobjekt, in dem wir die Instrumente vorstellen können. Dies ist kein Lehmhaus, obwohl es wie ein Lehmhaus aussieht. Dies ist ein amerikanisches Scheunenhaus. Die Ballen werden einfach gefaltet, zusammengedrückt, dann wird die Ton-Sand-Mischung eingerieben. Aber ich habe so ein kleines Haus gebaut, um die Technologie zu verstehen, wenn ich ein Museum baue, wird da doch mehr benötigt. Und ich will wissen, ob es stehen wird. Nachbarn glaubten nicht: Sie sagten, dass die Mäuse alles essen würden. Und die Mäuse klettern immer noch ein bisschen dahin. Wir müssen die Löcher schließen und möglicherweise das Gift oder das Kätzchen dazu hierher bringen. Und ich bin bereit, mit meinen eigenen Händen mehr zu tun, ich zweifle nicht daran. Es wird billig, warm und anständig sein.“

Die ukrainische Geschichte und Tradition bewegen diesen Mann. Und es sei möglich, dass das Leben von Jurko Fedynskyj ohne Platte aus der Elternphonothek oder ohne Tschernihiwer Bandura um 50 Rubel ganz anders wäre.

Beitragende

Projektgründer,

Autor des Textes:

Bogdan Logwynenko

Redakteurin:

Jewhenija Saposchnykowa

Kameramann:

Dmytro Ochrimenko

Fotograf:

Taras Kowaltschuk

Regisseur:

Mykola Nossok

Filmeditorin:

Marija Terebus

Bildredakteur:

Olexandr Chomenko

Transkriptionistin:

Maryna Rjabykina

Übersetzerin:

Elina Fojinska

Folge der Expedition