Seit den ersten Jahren der Unabhängigkeit hatte Moskau einen Einfluss auf die Ukraine gehabt. Russland war der wichtigste Handelspartner und Gaslieferant für die Ukraine. Das hat die ukrainische Regierung gehindert, entscheidende Maßnahmen für den EU-Beitritt vorzunehmen.
Den Wunsch, Mitglied der EU zu werden, haben die Ukrainer schon 2013 geäußert. Damals haben sie Euromaidan (Proteste in Kyjiw, die sich zu einer Revolution entwickelten) organisiert und den pro-russischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch, der den Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterzeichnet hat, entmachtet.
Am 28. Februar 2022 unterzeichnete der ukarinische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Antrag für die Aufnahme der Ukraine in der EU. Schon am 1. März hat das Europaparlament für den Kandidatenstatus der Ukraine abgestimmt. Das ist eine Zeitwende. Nach der jahrelangen Blockierung der europäischen Integration der Ukraine hat Russland alle Chancen, jeglichen Einfluss zu verlieren.
Kyjiw, 25.11.2013. Foto: AFP
Sicherheit
Als Russland den Angriffskrieg gestartet hat, wurde die Ukraine zu einem zuverlässigen Schutzschild für das ganze Europa. Die Erfahrung, die wir heute machen, ist unglaublich wertvoll. Nach dem Sieg werden wir sie teilen, um die kollektive Sicherheit der EU zu stärken.
Gerade wegen des aktuellen Kriegs überdenken die Länder der EU ihre Sicherheitspolitik und optimieren den Staatshaushalt. Der Krieg in der Ukraine konsolidiert die EU und macht sie zu einem potentiell stärkeren Akteur auf der Weltbühne.
Wirtschaft
Die EU ist der größte Handelspartner der Ukraine im Bereich erneuerbarer Energien. Das wird weder die Aggression seitens Russland noch der Krieg ändern können. Nur im Jahr 2021 ist der Export aus der Ukraine in die EU um das Anderthalbfache gestiegen. Dazu gehören Metallurgie, Landwirtschaft und Maschienenbau.
Die Ukraine exportiert nicht nur materielle Güter. Export von IT-Dienstleistungen erreichte letztes Jahr mehr als 5 Milliarden Dollar. Somit gilt die Ukraine als das attraktivste Land für IT-Outsourcing und Rekrutierung von Softwareentwickler*innen in Osteuropa.
In 2019 betrug der Export aus der Ukraine in die EU insgesamt 19,1 Milliarden Euro. Deshalb hat die Ukraine ein großes Potenzial, erfolgreiche Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit der EU aufzubauen. Außerdem besitzt die Ukaine 30 % der weltweiten Vorkommen von Schwarzerde, einem der fruchtbarsten Böden der Welt.
Energie und Rohstoffe
Trotz allen Versuchen von Russland, das Gas mit dem „Nordstream“ direkt in die EU zu liefern, bleibt die Ukraine das wichtigste Transitland von Gas für die EU. Die Ukraine ist einer der grössten Herstellern der Elektroenergie in Europa. Ihre elektroenergetische Systeme sind zum Teil in das EU-Netz der Stromversorgung integriert. Die Ukraine liefert Elektroenergie in vier Länder der EU: Ungarn, Polen, Rumänien, Slowakei.
Außerdem ist die Ukraine an solche Rohstoffe reich, wie Erd- und Schiefergas, Lithium und Titanerze, die die EU-Länder ebenso brauchen. Die Ukraine ist ihrerseits an der Partnerschaft in Rohstoffgewinnung und -verarbeitung sowie an der Intergation in Wertschöpfungsketten im europäischen Raum interessiert.