In den frühen 2000er Jahren gab es im industriellen Krywyj Rih keine öffentlichen Räume, an denen man Führungsfähigkeiten und Kreativität lernen konnte. Das spürten die Brüder Roman und Julij Morosow. Damals waren sie Studenten, die auf der Suche nach sich selbst waren und davon träumten, ihre Heimatstadt besser zu machen. Mit seiner Schwester Olesja und ein paar Freunden ohne großes Startkapital, aber dank der kraftvollen Arbeit, Zielstrebigkeit und Glück, entwickelte sich der Kindergarten allmählich zum kulturellen und öffentlichen Zentrum „ШELTER+“, das jetzt über ein Aufnahmestudio und eine Probenbasis, ein Fitnessstudio und mehrere alternative Bildungsmöglichkeiten, Theaterstudios und vieles mehr verfügt.
Es gab viele Möglichkeiten, Krywyj Rih in eine komfortablere und sicherere Stadt für das Leben der Jugend zu verwandeln. Aber alle fortschrittlichen Ideen, die die Brüder an anderen Orten bemerkten, wollten sie immer mit nach Hause bringen:
„Wir fingen an, irgendwohin zu reisen, und sahen, wie alles sein sollte. Und wir haben eine Stadt mit einer Bevölkerung von 700 Tausend Menschen (Heute ist die Bevölkerung kleiner geworden und erreicht etwa 630.000 Einwohner — Aut.) und kein einziges Platz für Live-Musik, außer für den Palast der Jugend und Studenten, wo Filipp Kirkorow einst einst einen Auftritt hatte. Aber das ist unsere Stadt, die wir lieben. Anscheinend somit fing alles an.“
Die Brüder stellten sich der Herausforderung: zu sehen, wie sich Krywyj Rih verändert. Von der Infrastruktur, der Beziehung zwischen den Bewohnern her bis zum einfachen Lächeln draußen auf den Straßen:
„Krywyj Rih ist heute die Stadt der Möglichkeiten. Dies ist kein Pathos dort und keine Anlockung für jemanden. Nun, es gibt wirklich so viel Potenzial und so wenig wird mal anderes getan. Wir verstehen das und je mehr wir etwas tun, desto mehr neue Möglichkeiten eröffnen sich.“
Anfangs hatten die Morosows genug Geld und das nötige Selbstvertrauen nicht. Aber es wurde klar, dass Krywyj Rih und seine Bewohner das Beste verdienen. Sie suchten entschlossen nach Räumlichkeiten, in denen sie einen solchen kulturellen und öffentlichen Raum organisieren könnten, fanden aber einen Kindergarten, der seit dem Ende des Baby-Booms, also seit mehr als sieben Jahren leer stand.
Um diese Räumlichkeit zu kaufen, benötigten sie zwanzigtausend Dollar. Natürlich gab es solche Summe nicht. Sie haben jedoch kaum ein Drittel der Summe geholt und sich verpflichtet, sie innerhalb von drei Monaten zu zahlen. Und hier begannen echte Wunder.
Die Morosows lernten Kanadier kennen und erzählten ihnen ihre Geschichte, und diese erzählten diese Geschichte den anderen. So wurden Unterstützer gefunden, deren Eltern vor vielen Jahren aus der Ukraine nach Übersee gezogen waren, um die Initiative eines fernen aber doch Mutterlandes zu unterstützen. Es ist interessant, dass sich die Gründer von „ШELTER+“ mit ihren Wohltätern erst zwei Jahre später getroffen haben.
Kommt und schafft
Nachdem sie die Räumlichkeit gekauft hatten, spürten die Brüder die wahre Euphorie. Sie hatten nicht einmal Angst, dass es Winter ist und in einigen Räumen es keine Heizung gibt. Sie öffneten die Tür für alle, die sich nach Kreativität und Selbstentwicklung strebten, weil sie glaubten, dass es den Bedarf gab:
„Wir haben einfach gesagt: ‚Wir haben von Montag bis Samstag von 15:00 bis 20:00 Uhr offen. Kommt und schafft‘. Wir hatten sofort viele verschiedene Richtungen: Choreografie, Graffiti, Make-Up, Zeichnen, Aerobic, Basteln, Breakdance, intellektuelle Spiele ‚Was? Wo? Wann?‘… Und viele Leute kamen tatsächlich, gleichzeitig waren es über 100 Menschen. 10 Prozent davon wollten was schaffen, und dann wurde die spontane Gruppe teilweise in viel professionellere Kurse und Richtungen umgewandelt. Aber diese Informalität versuchen wir immer noch zu behalten und so offen wie möglich für diejenigen zu sein, die sich tatsächlich entwickeln und etwas schaffen wollen. Wenn Sie wirklich etwas tun, ohne einen doppelten Boden und Skelette im Schrank, werden die Menschen, unabhängig davon, ob es sich nur um lokale Burschen oder um einige Subkulturen handelt, dies respektieren.“
Die Fähigkeit, flexibel zu sein und den Fokus nicht zu verlieren, hat wirklich gerettet und dazu beigetragen, das sie nicht enttäuscht wurden, als die Hälfte der Menschen nach nur einer Aufforderung, den Fragebogen auszufüllen, das Zentrum verließ und nicht mehr zurückkehrte. Aber auf die eine oder andere Weise bewegten sich die Brüder und schoben sich von den wirklichen Bedürfnissen ab:
„Zu einem bestimmten Zeitpunkt gab es bei uns einen professionellen Computerklasse. Und damals war es ein Durchbruch, weil viele keinen Computer nicht zu Hause hatten. Wir haben einige Erfolgsgeschichten, als die Leute hier zum ersten Mal einen Computer sahen und heute zu Top-Designern in der Ukraine geworden sind. Irgendwann erkannten wir jedoch, dass diese Computerklasse überhaupt nicht mehr benötigt wird. Und wir haben es geschlossen und die Computer wurden verteilt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine solche Situation in einer Struktur möglich ist, die von jemandem oder einer Gemeinschaftsorganisation finanziert wird.“
Diashow
Die Tatsache, dass sie sich um die Stiftung und das Zentrum „ШELTER+“ kümmern müssen, das die Brüder Morosow fast gleichzeitig gegründet hat, haben sie schnell verstanden. Schließlich konnten sie weder die Unterstützung der Stadtverwaltung noch der Bewohner selbst sichern.
In den 2000er Jahren war das Wort „Freiwilliger“ in Krywyj Rih extrem selten zu hören. Daher waren die Brüder von den Geschichten begeistert, die mehrere Straßen der Bewohner und die Macht des Bezirks in Kanada vereinten, und bauten einen modernen Sportkomplex. Und die Angebote, von den Vereinigten Staaten in die Ukraine zu fliegen, um ein kostenloses Camp für Kinder zu erhalten, waren wirklich erstaunlich. Die Gründer von „ШELTER+“ erklärten den Einwohnern von Krywyj Rih, dass sie Freiwillige sind, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst sind, aber sie unterstützen somit eine Initiative. In einigen Jahren versammelten die Brüder noch immer Leute und begannen, Erfahrungen mit anderen Städten auszutauschen.
Alle sind befreundet, aber nicht alle sind verwandt
„ШELTER+“ begann mit der Initiative einer Familie, aber die Brüder Morosow mögen es nicht, sich damit zu prahlen. Ausländer reagieren auf Familiengeschichten immer positiv, was nicht über Ukrainer zu sagen ist. In unserem Land ist dies eher eine negative Einstellung. Ja, und im Laufe der Zeit waren durch das Zentrum Hunderte von Menschen gekommen, die zu seiner Entwicklung beigetragen hatten. Daher wollen sie laut Roman den Beitrag von ihnen nicht verringern:
„Es gibt Menschen, nicht unsere Verwandten, die so viel Mühe, Ideen und Zeit widmen. Daher ist es unfair gegenüber diesen Menschen, wenn wir sagen, dass ‚ШELTER+‘ ein Projekt der Brüder Morosow oder der Familie Morosow ist.“
Trotz vieler Vorteile ist der Umgang mit nahen Angehörigen manchmal schwierig. Vor allem, wenn es um die Frage der schwerwiegenden materiellen Haftung geht, beginnt die Annahme bestimmter komplexen Entscheidungen:
„Und wenn man versteht, dass dies meine Mutter ist, die viel hilft, damit ‚ШELTER+‘ als existiert und funktionieren kann, muss ich ihr wirklich Respekt erweisen, aber ich verstehe, dass bei diesem Projekt streng und ausdrücklich kommuniziert werden muss. Das ist okay, doch, hier ist es sonst unmöglich.“
Zwei Grants per Hand geschrieben
Nun kennen die Brüder alle Einzelheiten, die sich auf die wirtschaftlichen, ideologischen und sogar personellen Aspekte der Existenz einer gemeinnützigen Organisation beziehen. Aber sie lernten ganz aus ihrer eigenen Erfahrung, viele Menschen sprachen mit verschiedenen Menschen. Die internationale Partnerschaft begann mit dem ersten Treffen mit den Kanadiern. Dann gewann das Team, ohne sich dessen vorzustellen, zwei Grants, die eigentlich per Hand geschrieben wurden. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Weltanschauungen:
„Einige Dinge wurden intuitiv geboren. Es gibt noch einen weiteren Grund, über den ich eigentlich nicht gerne spreche, weil es viele Klischees auf einmal gibt. Aber das nicht zu sagen wäre unehrlich. Das steht in der Bibel, und es wird christliche Weltsicht genannt. Es ist notwendig, mit anderen so wie mit dir selbst zu sein. Und diese einfachen Werte erlauben es, zu gebären und zu schaffen.“
Die richtigen Trends entwickeln
Es ist schwierig, auf einmal aufzuzählen, wie viel von allem in „ШELTER+“ für einen Monat los ist. Nur im Rahmen von einer Stunde können Sie hier die Unterrichtsstunden der Fußballtheorie, der Kunsttherapie, des Diskussionsclubtreffens besuchen oder ruhig im Café sitzen. Es gibt sogar alle Bedingungen, um mehrere Tage Gäste aus anderen Städten oder Ländern zu empfangen.
Vor allem aber liegen sie laut Roman sehr nah dran an den beiden Projekten, die den Trend der Inklusion in der ganzen Stadt setzen:
„Die Stadt ist in der Regel für Menschen mit Behinderungen völlig ungeeignet, und der Großteil der Arbeit, die für sie geleistet wird, ist begrentzt: Am Tag der Behinderten werden alle ins Haus der Kultur auf ein Konzert gebracht.“
Stattdessen sind inklusive Projekte in „ШELTER+“ ein Versuch, Menschen aktiv und direkt mit besonderen Bedürfnissen zu verbinden, um etwas ganz Reales und Notwendiges zu schaffen. „Freundschaft ohne Einschränkung“ ist ein Projekt, in dem Teams von Menschen mit Behinderungen gebildet werden, und sie Spaß daran haben, ihre gewohnte Freizeit zusammen zu verbringen: zu Picknicks gehen, Filme anschauen oder Bowling spielen, etc.
„Better Together“ ist ein Kunstprojekt, bei dem Menschen mit Down-Syndrom, Autismus, Seh-und Hörbehinderung oder Rollstuhl mit Menschen ohne Behinderung künstlerische Tanztheater-Produkte für die reale Szene kreieren:
„Und so helfen wir nicht nur bestimmten Menschen, es verändert wirklich das Weltbild, das Paradigma des Denkens, die Systemansichten über das Leben und betrifft eine Reihe von Menschen.“
Aktivitäten nach Berufung
Seit über zehn Jahren Arbeit an einem so abwechslungsreichen Projekt gab es viele Momente, die die Brüder schon stoppen konnten. Doch dazu kam es nicht. In dem, was sie tun, gibt es ohne Zweifel weiterhin große Inhalte:
„Es gibt innere Wünsche, Chancen, Ressourcen, die in meinem Weltbild vom Schöpfer geschafft werden. Und das ist es, was drinnen ist, irgendwie wurde das realisiert. Natürlich kann ich irgendwo bei einer Fabrik arbeiten oder einfach nur Lehrer in der Schule sein und ich habe mehr oder weniger gute Arbeit, aber ich werde nicht mich selbst mehr. Na ja, natürlich gibt es noch ein Haufen von allem, was man tun muss. Das sind banale Dinge, die in der Ukraine in den letzten fünf Jahren Millionen Mal gesagt wurden, aber wir sind uns ganz klar bewusst, dass niemand außer uns das tun wird. So was.“
Eine Gemeinde entwickeln
„ШELTER+“ existiert und arbeitet seit mehr als 15 Jahren aktiv. Und das ist die Bühne, in der ihre Gründer schon gestehen können, worauf sie stolz ist. Julij glaubt, dass die größte Errungenschaft die Menschen sind, die ihr Zentrum vereinigt, gelehrt, provoziert oder motiviert hat:
„Wir sind nicht genial, wir nichts so bezaubernd erfunden. Aber wir sind besser als die meisten anderen, wir können die Menschen vereinen. Wir haben im Westen gesehen, dass die Menschen über Dutzende von Jahren weiterhin Geld für sich selbst spenden, mit offenen Vorträgen dorthin kommen, die Gründer von Stipendien werden usw. In der Ukraine haben wir sowas kaum. Wir haben in aller Stille diesen Teil der Institutionalisierung begonnen. Und der zweite Aspekt, den ich jetzt wirklich mag, ist es uns schließlich in Krywyj Rih gelungen, die Businessman aktiv an öffentlichen Aktivitäten beteiligen zu lassen, egal wie bürokratisch es jetzt klingt. Und das ist ein sehr cooler Trend, der die Ukraine meiner Meinung nach retten wird.“
Roman freut sich sehr, dass sie sich trotz aller Schwierigkeiten und Nöte treu geblieben sind:
„Und ich bin darauf stolz, dass wir nicht aufgegeben, nicht abgeschaltet haben, nicht vergeben worden sind. Das heißt, wir sind sehr flexibel, wir haben das Weltbild Paradigma schon sehr verändert, aber die wichtigsten Dinge sind unverändert geblieben.“