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Diese Geschichte ist vielleicht nie zu dem geworden, was wir heute kennen, wenn nicht die Schweden. Wenn im August 1782 1200 Schweden, die die Siedlung Staroschwedske in Tawrija gründeten, nicht in den Süden der Ukraine gingen, und wenn die Hauptprotagonistin dieser Geschichte, Laryssa Boden, zu Beginn der 2000er nicht auswanderte, um Schweden zu erobern. Wenn diese beiden auf den ersten Blick keine zusammenhängenden historischen Fakten nicht gäbe, dann würden 2018 keine Fabriken im Dorf Ljubymiwka entstehen, die moderne Teppiche herstellen, die heute in 29 Ländern der Welt erfolgreich verkauft werden.

Im Tawrischen Dorf Smijiwka, nicht weit von Kachowka, lebt eine moderne schwedische Gemeinde. Das Dorf Smijiwka entstand da, wo es früher eine Siedlung Staroschwedske gab, und hat ca. 100 Bewohner. Die skandinavischen Familien behalten hier die religiösen Bräuche. Darunter gibt es auch diejenigen, die noch bis heutzutage eine Variante der schwedischen Sprache beherrschen, die man in Schweden im 18. Jahrhundert sprach. Neben Smijiwka befindet sich das Dorf Ljubymiwka, wo jetzt die Fabrik von Laryssa Boden und ihrem schwedischen Mann funktioniert. Alles begann vor zwölf Jahren:

„Vor zwölf Jahren war es mir egal, ob wir Teppiche, Kerzen oder Seife herstellen. Die Hauptsache war, dass die Leute eine permanente Arbeit direkt im Dorf saisonunabhängig haben, und dass ich die Erzeugnisse dann verkaufen könnte.“

Laryssa erzählt, dass sie ihre künftigen Partner in Schweden bei einer Party getroffen haben. Sie erzählten ihr über eine tolle Idee, Teppiche zu machen und die Teppichtraditionen von Skandinavien dabei wiederzubeleben. Und dazu noch das alles in der Ukraine.

Laryssa fuhr mit ihrem Mann, um die erfahrenen schwedischen Teppich-Meisterinnen kennen zu lernen. Nachdem sie gesehen haben, wie diese Frauen arbeiten, hat das Ehepaar sie überzeugt, drei Webmaschinen zu verkaufen und für mehrere Monate in die Ukraine zu kommen. Für die siebzigjährigen Europäerinnen wurden die Realitäten des ukrainischen Dorfes in der Region Cherson zu einem echten Kulturschock, aber der Beginn einer langen interkulturellen Zusammenarbeit wurde somit auf den Weg gebracht: Die Frauen begannen, der Ukrainerinnen ihr Handwerk beizubringen. So begann die Geschichte der Fabrik, und heute sind bei der Produktion in Ljubymiwka vierzig Menschen tätig, und Aufträge für deren Erzeugnisse kommen aus der ganzen Welt.

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Teppiche

Die Teppiche bei Vandra Rugs sind aus Baumwolle hergestellt, weil die Wolle zu steif und oft nicht für die Manipulation mit Design geeignet ist. Obwohl die letzten fünf Jahre die Besitzer der Fabrik versuchen, mit Stoffen zu experimentieren, so kauften sie drei Maschinen aus Finnland für Produkte aus 100-prozentiger Wolle, aber die Hälfte der Teppiche ist immer noch aus Baumwolle.

Laryssa kauft in der Regel natürliche Baumwolle, und dann die Mitarbeiter, nach einem speziellen Rezept, färben das Produkt für jeden Kunden je nach Bestellung. Insbesondere die Firma für Design und Interieur „Svenskt Tenn“, die als offizieller Vertreter der Originalstoffe und Zeichnungen des österreichisch-schwedischen Architekten Joseph Franko gilt, bestellt regelmäßig Teppiche von Ljubymiwka für ihre Interieure:

„Die Idee, Gewebe für Teppiche zu verwenden, stammt aus einer fernen Vergangenheit. Früher haben unsere Großmütter ‚Rjadnuschka‘ oder ‚Dranka‘ gemacht. Also Teppiche aus alten Kleidern. Dazu wurden die Kleider zerrissen, und die Läufer wurden daraus gemacht.“

Es ist Joseph Frank, der im 20. Jahrhundert begonnen hat, alte Technik und die Reste von Stoffen zu verwenden, um ein neues modernes Design zu schaffen. In den 30er Jahren schuf er seinen einzigartigen Stil, doch bereits in den 50–60ern ging die Textilindustrie in Skandinavien abwärts, da es billiger war, Materialien und Arbeitskräfte anderer Länder zu verwenden. Laryssa Boden erzählt über die wahren Gründe für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen reichen Ländern und der Ukraine:

„Jetzt wurde nach Kachowka sogar eine türkische Produktion verlagert, weil in der Türkei eine Meisterin im Schnitt ca. 700 Euro erhält. Das heißt, die Ukraine hat noch immer ein enormes Wachstumspotenzial. Und alle arbeitsintensiven Prozesse sind immer dort enthalten, wo es zum Beispiel billige Arbeitskräfte gibt. Leider ist es so. Darüber hinaus sind unsere Arbeiter ziemlich widerstandsfähig: Da, wo man laut den Bedingungen der belgischen Produktion mehr Arbeit leisten oder am Freitag erreichbar sein sollte, wird in der Ukraine Tag und Nacht gearbeitet, um den Montagmorgen die Bestellung abzuliefern.“

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Produktion und internationale Kooperation

Die Webmaschinen zur Teppichherstellung sind ausschließlich handgefertigt. Der Autor von mehreren Know-how in der Fabrik, der ukrainische Ingenieur Oleksandr, hat eine Webmaschine entwickelt, die mit ihrer Größe beeindruckt. Sie ist für Teppiche ausgelegt, die länger als sechs Meter sind. Diese werden in der Regel für die USA und Großbritannien bestellt. Nach Angaben der ukrainischen Standards sind Webmaschinen mit zwei-vier Pedalen ausgestattet, während es bei der Fabrik in Ljubymiwka komplexe Maschinen mit sechs-acht Pedalen gibt, die eine Vielzahl von Webtechniken durchführen und verbinden können. So nimmt jede Mitarbeiterin die erste Halbjahresausbildung Zeit, und dann arbeitet ein halbes Jahr zusammen mit einer erfahrenen Meisterin.

Trotz der Tatsache, dass es in der Fabrik acht Webmaschinen gibt, kann man pro Woche nicht mehr als fünf Teppiche weben, da jedes Produkt mehrere Phasen der Abstimmung mit dem Kunden durchläuft:

„Das Besondere an unserem Geschäft ist, dass wir in der Tat ein Webatelier sind. Das heißt, wir haben keine Massenproduktion — wir machen keine Teppiche, die jemand dann im Laden kaufen wird. Alle Produkte wurden von jemandem entworfen, und möglicherweise gab es einige unserer Proben vorher dazu. Sehr oft erfinden unsere Kunden ihre eigenen Kombinationen und Designs. Trotz der Tatsache, dass das Aussehen des Produktes einfach ist, steckt hinter jedem Teppich ein genialer Gedanke.“

Die Fabrik kooperiert mit Architekten und Designern aus der ganzen Welt, insbesondere mit skandinavischen. Dreimal pro Woche schicken sie Proben an den Kunden in etwa 15–16 Länder der Welt.

„In jeder dritten Zeitschrift ‚Better Homes and Gardens‘ finden wir immer einen Link zu unserem Teppich. Wir kennen unsere Kunden nicht, weil der Auftrag über Händler kommt, aber der Name des Architekten kann man doch sehen.“

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Der kulturelle Austausch zwischen der Ukraine und Schweden auf dem Gebiet von Tawria findet ständig statt. Zweimal im Jahr besuchen Touristen aus Schweden die Fabrik in Ljumymiwka, weil sie sich für Objekte der schwedischen Kultur interessieren. Ausländer fahren in erster Linie nach Smijiwka, wo es noch eine beachtliche Schicht der Umsiedlergeschichte erhalten geblieben ist. In der Stadt Kachowka befindet sich zudem die Firma „Tschumak“, die 1993 ebenfalls von einem schwedischen Unternehmern gegründet wurde. Unter den Touristen gibt es ältere und junge Schweden. Außerdem kommen die Schulkinder aus den Schulen nebenan, um zu schauen, wie die Teppiche entstehen.

„Wir haben ein Fotoshooting gemacht, weil neue Fotos für das Intro, für Partner nötig waren. Wir haben Kunden, die grundsätzlich darum bitten, Fotos von Atelier, von Meisterinnen zu schicken, die ihren Teppich gemacht haben. An einem Tag kam ein Mädchen und fotografierte unsere Mitarbeiterinnen, sowie den Produktionsprozess.“

„Maria schreibt: ‚Sind das tatsächlich unsere Meisterinnen? Oder hast du Modelle für Fotos genommen?‘ Ich sage: ‚Maria, über welche Modelle redest du denn? Wo bekomme ich Modelle in Kachowka?‘. Unsere Meisterinnen kamen alle geschminkt, mit Frisuren, alle sahen so wunderschön aus.“

Vertrieb in der Ukraine

Obwohl die Fabrik von Laryssa Boden auf dem ausländischen Markt aktiv ist, versuchten sie 2018 erstmals, die Teppiche in der Ukraine zu verkaufen. Beim Produktionsprozess bleiben die Überreste von Stoffen, die für den Kunden gefärbt wurden, damit diese kleinen Stücke nicht einfach so in der Fabrik liegen bleiben, wurde es entschieden, nach Vertriebsstellen in der Ukraine zu suchen.

Laryssa sagt, dass der kommerzielle Erfolg dieses Projekts noch nicht erreicht wurde, weil ein Qualitätsprodukt nicht billig ist, und Kompromisse sind in dem Fall nicht möglich.

„Ein Teppich aus echter Baumwolle kann beispielsweise in der Ukraine nicht mal 3.000 UAH kosten. Denn die Baumwolle selbst kostet 12 bis 15 USD pro Kilogramm. Und die Baumwolle soll noch gefärbt und gewebt werden. Wie viel darf ein Teppich pro Quadratmeter dann kosten? Und rund zweieinhalb Kilogramm Baumwolle gehen auf einen Quadratmeter dabei. Außerdem braucht man ein Basis. Für unsere Teppiche verwenden wir nur belgischen Flachs — er dehnt nicht aus, ist sehr elastisch, hält die Form gut. Ja, wir haben uns auch gedacht: ‚Machen wir es billiger!‘. Aber Sie verstehen, dass das nicht die Qualität ist. Wenn wir also qualitativ hochwertige Produkte nach Europa liefern können, wo wir bereits Bestellungen für Juli haben, warum dann sollen wir etwas billiges und nicht ganz qualitatives hier machen, wenn wir einen Kunden haben, der bereit ist, Geld dafür zu bezahlen.“

Auf die Frage, ob es in der Ukraine ähnliche Produktion gäbe, antwortet Laryssa, dass Wettbewerb nicht ganz das Wort sei, das den Markt charakterisieren könnte. Die Produkte von ihrer Fabrik unterscheiden sich durch Besonderheiten von Zusammenarbeit und Aufträgen:

„Das sind keine Raumschiffe, das heißt, es gibt keine Hochtechnologie dahinter. Jeder kann eine Webmaschine kaufen und anfangen, die gleichen Teppiche zu weben.“

Laryssa Boden sowie andere Schöpfer von einzigartigen Teppichen suchen nach ihren Kunden im Ausland, weil der ukrainische Käufer für solch ein Produkt noch nicht bereit ist. Die Unternehmerinnen sind sich einig: Sie wollen ein qualitativ hochwertiges Produkt schaffen, dabei das in der Ukraine machen und sich gegenseitig unterstützen, vorankommen, indem jeder was eigenes macht.

Beitragende

Projektgründer:

Bogdan Logwynenko

Autor des Textes:

Iryna Oparina

Redakteur:

Jewhenija Saposchnykowa

Projektproduzentin:

Olha Schor

Fotograf:

Mykyta Sawilinskyj

Kamerafrau:

Pawlo Paschko

Oleksandr Sloboda

Filmeditor:

Marija Terebus

Regisseur:

Mykola Nossok

Bildredakteur:

Julija Kotschetowa-Naboschnjak

Transkriptionist:

Anna Iwanowa

Übersetzungsredakteur:

Switlana Borschtsch

Übersetzerin:

Elina Fojinska

Korrektorin:

Halyna Wichmann

Folge der Expedition